Kleine Geschichte des Amateurfunks

📅 17. April 2025 · ✍️ andreas

Amateurfunk-Station 1921

Pioniere und erste Experimente

Die Wurzeln des Amateurfunks reichen ins späte 19. Jahrhundert zurück – also noch in eine Zeit, als das Phänomen der elektromagnetischen Wellen gerade erst entdeckt wurde. Heinrich Hertz (1857–1894) wies Ende des 19. Jahrhunderts die Existenz dieser Wellen experimentell nach. Kurz darauf versuchte Guglielmo Marconi (1874–1937) erfolgreich, drahtlose Telegrafiesignale zu übertragen.

Die Experimentierfreudigkeit und Begeisterung für Technik sprangen schnell auf andere Tüftler und Wissenschaftler über – und im Grunde genau diese Enthusiasten kann man als Vorläufer der späteren Amateurfunk-Community betrachten. Anfangs gab es freilich noch keine einheitlichen Frequenzbänder, keine Lizenzierungen und auch keine klaren Regeln. Jeder, der ein Talent fürs Basteln, Löten und Experimentieren hatte, konnte sich recht frei ausprobieren.

Spark-Gap-Transmitter und erste Kurzwellen

In den 1900er und 1910er Jahren arbeiteten frühe Funkamateure mit sogenannten “Knallfunkensendern” (Spark-Gap-Transmitter). Diese Geräte funktionierten über elektrische Funkenstrecken und waren alles andere als effizient oder störungsfrei – aber sie waren ein wichtiger Schritt. Insbesondere während des Ersten Weltkriegs erkannte man, wie wertvoll Funktechnik für Kommunikation sein konnte, wodurch intensive Forschung begann.

Bereits in den 1920er Jahren richtete sich das Interesse der Amateure dann vermehrt auf Kurzwellenbänder. Dort ließen sich unerwartet große Reichweiten erzielen. Funkamateure konnten über den Atlantik funken, oft zu Zeiten, in denen offizielle Stellen gar nicht glaubten, dass das auf solch “hohen” Frequenzen (damals alles oberhalb von Langwelle) möglich sei.

GrĂĽndung erster Amateurfunk-Organisationen

Mit wachsender Begeisterung wuchs auch der Bedarf nach Zusammenschlüssen. Eines der ersten großen nationalen Verbände war die American Radio Relay League (ARRL) in den USA, gegründet 1914. Sie organisierte Funkrelaisstationen, um Nachrichten über große Distanzen weiterzuleiten (deshalb „Relay“).

Bald entstanden auch in vielen anderen Ländern solche Vereine und Clubs – der Amateurfunk war ein internationales Phänomen, das stetig wuchs. 1925 wurde in Paris die IARU (International Amateur Radio Union) gegründet, die bis heute als weltweiter Dachverband der Funkamateure fungiert und u. a. Frequenzzuteilungen auf internationaler Ebene vertritt.

Die Technik entwickelte sich rasant: Vom Knallfunkensender über Röhrensender hin zu immer moderneren Geräten. Besonders das Experimentieren in den Kurzwellenbändern (HF-Bereich) und später in den Ultrakurzwellen (VHF/UHF-Bereich) spielte eine große Rolle. Funkamateure haben – das ist historisch belegt – oft entscheidende Beiträge zur Weiterentwicklung von Funktechnik, Antennendesign und Betriebsarten geleistet.

Die Anfänge in der Weimarer Republik

In Deutschland begannen bereits zu Zeiten der Weimarer Republik erste Funkbegeisterte, sich zu organisieren. So entstand zum Beispiel 1924 der Verband Deutscher Funkamateure (VDF), weitere Gruppen kamen hinzu. Ziel war es, Frequenzen zu beanspruchen und sich im Rahmen des aufkeimenden Amateurfunks weltweit auszutauschen.

Damals war Amateurfunk keineswegs selbstverständlich: Man benötigte Genehmigungen, musste sich an Auflagen halten, und die Geräte waren teuer und selten. Dennoch war die Begeisterung groß.

Einschränkungen während des Nationalsozialismus

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde das Hobby immer stärker reglementiert. Amateurfunk und private Radiobastelei galten als potenzielle Risiken für die Propaganda- und Geheimhaltungspolitik. Viele Funkamateure stellten ihre Aktivitäten ganz ein oder wurden zum Schweigen gebracht, weil man die Kommunikation ins Ausland nicht gerne sah. Einzelne durften weiterfunken, allerdings unter sehr genauen Kontrollen.

Neubeginn nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach Kriegsende waren alle Funkaktivitäten zunächst verboten, da die Alliierten jede Art von Sendebetrieb streng kontrollierten. Erst allmählich wurden in den verschiedenen Besatzungszonen die Verbote gelockert.

Ein wichtiger Schritt war dann die Gründung des Deutschen Amateur-Radio-Clubs (DARC) am 10. September 1950 in Schloss Dörnberg (bei Fulda). Der DARC übernahm die Rolle einer bundesweiten Interessenvertretung für Amateurfunk in Deutschland und wuchs rasch. Er ist bis heute der größte Verband von Funkamateuren in Deutschland und gehört der IARU-Region 1 an.

Lizenzklassen und Regularien in Deutschland

Heutzutage wird der Amateurfunk in Deutschland durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) geregelt. Sie stellt unter anderem die Amateurfunkgenehmigungen (Lizenzen) aus, überwacht die Frequenznutzung und setzt entsprechende Gesetze und Verordnungen um (z. B. das Amateurfunkgesetz und die Amateurfunkverordnung).

EinfĂĽhrung der Lizenzklassen A und E:

Die aktuelle Einteilung in die Lizenzklassen A und E wurde in Deutschland am 1. September 2006 eingefĂĽhrt. Zuvor gab es andere Klassifizierungen, darunter die Klassen 1, 2 und 3. Mit der Neustrukturierung sollten die Lizenzklassen international harmonisiert und vereinfacht werden.

Abschaffung der MorseprĂĽfung:

Bis zum 1. September 2006 war der Nachweis von Morsekenntnissen (Telegrafie) für den Erwerb der höchsten Lizenzklasse erforderlich, insbesondere für den Zugang zu den Kurzwellenbändern. Mit der Novellierung der Amateurfunkverordnung im Jahr 2006 wurde die obligatorische Morseprüfung abgeschafft. Seitdem ist keine Morseprüfung mehr erforderlich, um eine Amateurfunklizenz der Klasse A zu erhalten. Es besteht jedoch weiterhin die Möglichkeit, eine freiwillige Morseprüfung abzulegen, beispielsweise wenn man in Ländern funken möchte, die noch einen Nachweis der Morsekenntnisse verlangen. Diese Änderungen erleichterten vielen Funkinteressierten den Zugang zum Amateurfunk, da die Hürde der Morseprüfung entfiel und die Lizenzklassen übersichtlicher gestaltet wurden.

Seit dem 24. Juni 2024 gibt es in Deutschland drei Amateurfunk-Lizenzklassen: N, E und A. Die Klasse N wurde als neue Einsteigerklasse eingefĂĽhrt. 

Klasse N (Einsteigerklasse):

  • Frequenzbereiche: 10-Meter-Band (28–29,7 MHz), 2-Meter-Band (144–146 MHz) und 70-Zentimeter-Band (430–440 MHz).
    • Maximale Sendeleistung: 10 W effektive Strahlungsleistung (EIRP).
    • Rufzeichenpräfix: DN.

Klasse E (Novice):

  • Frequenzbereiche: Zusätzlich zu den Bändern der Klasse N auch 160-Meter-Band, 80-Meter-Band, 15-Meter-Band, 6-Meter-Band und einige weitere.
    • Maximale Sendeleistung: 100 W PEP auf den meisten Bändern.
    • Rufzeichenpräfix: DO.

Klasse A (HAREC):

  • Frequenzbereiche: Alle fĂĽr den Amateurfunkdienst ausgewiesenen Frequenzbereiche.
    • Maximale Sendeleistung: 750 W PEP.
    • Rufzeichenpräfixe: DB, DC, DD, DF, DG, DH, DJ, DK, DL, DM.

Die EinfĂĽhrung der Klasse N zielt darauf ab, den Einstieg in den Amateurfunk zu erleichtern und mehr Menschen fĂĽr dieses vielseitige Hobby zu begeistern. 

Neue Betriebsarten

Während früher hauptsächlich Telegrafie (Morsen) und Sprechfunk (AM, später SSB) verwendet wurden, ist der Amateurfunk heute unglaublich vielfältig. Digitalmodi wie PSK31, FT8, RTTY oder auch neuere Betriebsarten (JT65, etc.) sind bei vielen Funkamateuren beliebt, weil sie auch bei schwachen Signalen Erfolge erzielen.

Satellitenfunk – speziell mit Amateurfunksatelliten (z. B. die OSCAR-Satelliten) – ermöglicht globale Kommunikation über Amateurfunk-Orbits. Zudem gibt es ATV (Amateurfunk-Fernsehen), EME (Earth-Moon-Earth, also „Mondbounce“), APRS (Automatic Packet Reporting System für Positions- und Telemetriedaten) und vieles mehr.

Notfunk und Krisenkommunikation

Auch wenn Amateurfunk in erster Linie ein Hobby ist, übernehmen Funkamateure in Krisenzeiten und bei Großschadenslagen eine wichtige Rolle. Sie können unabhängige Kommunikationsnetze aufbauen und so Rettungs- und Hilfskräfte unterstützen. Weltweit gibt es Gruppen, die sich auf solchen „Notfunk“ spezialisieren. In Deutschland spricht man hier oft vom sog. „Not- und Katastrophenfunk“, der auch in Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen geübt wird.

DARC und andere Vereine

In Deutschland ist der DARC der bekannteste Verband, aber es gibt auch regionale und spezialisierte Clubs (z. B. Deutsche Amateur-Radio-Clubs für bestimmte Modi, digitale Betriebsarten oder für bestimmte Regionen). Workshops, Funkertreffen, Fielddays und Wettbewerbe („Contests“) beleben die Szene.

Fazit und Ausblick

Der Amateurfunk hat eine über 100-jährige Geschichte, in der private Funkenthusiasten immer wieder entscheidende technische Innovationen angestoßen und die internationale Verständigung gefördert haben. In Deutschland gab es zahlreiche Höhen und Tiefen: von anfänglicher Euphorie in den 1920ern, über die Unterdrückung im Nationalsozialismus, hin zur Wiederbelebung nach dem Zweiten Weltkrieg.

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