Tipps und Hinweise fĂĽr den Funkwetterbericht

ThemenĂĽberblick:

„Greyline DX“ und Orientierungszeiten

Informationen zu Sonnenaufgang und Sonnenuntergang in UTC helfen, die Dämmerungszonen abzupassen. Greyline-Ausbreitung ist oft besonders effektiv, weil die Ionosphäre in dieser Übergangsphase teils gute Reflexionseigenschaften hat.

„geomagnetische Sturmintervalle“

Darunter versteht man Zeitfenster, in denen kurzzeitig der Kp-Wert z.B. auf 4 oder 5 hochschnellt. Das kann typisch sein, wenn ein koronaler Massenauswurf ankommt oder ein schneller Sonnenwind von einem koronalen Loch auftrifft.

Filamente und ihre besondere Rolle

In mehreren Berichten wird explizit ein „großes magnetisches Filament“ auf der Sonne erwähnt. Das ist kein klassischer Sonnenfleck, sondern ein bogenförmiges Band aus heißem Plasma, das vom Magnetfeld der Sonne in der Schwebe gehalten wird.
Wenn ein Filament aufreißt, kann es als Kette von Plasma (CME) ins All geschleudert werden – wenn das Filament Richtung Erde ausgerichtet ist, kann das nach ein bis drei Tagen für geomagnetische Stürme sorgen.

Praxistipp:
→ Achte in den Space-Weather- oder NASA-/NOAA-Berichten gezielt auf Meldungen wie „Filament eruption“ oder „Magnetic Filament breaks off“. Ein ansonsten „ruhiger“ Sonnenfleck kann plötzlich große Auswirkungen haben, wenn ein Filament, das sich über ihm wölbt, kollabiert.

Solche Ereignisse sind etwas weniger vorhersehbar als Flares in aktiv wachsenden Fleckengruppen, deshalb lohnt es sich, gelegentlich Bildquellen (z.B. NASA SDO – Solar Dynamics Observatory) anzuschauen.

Rasant ansteigende Sonnenwindgeschwindigkeiten

In vielen Berichten liest man von Sprüngen in der Sonnenwindgeschwindigkeit (z.B. von 400 km/s auf über 600 km/s). Das passiert häufig bei:

→ HSS („High Speed Stream“) aus koronalen Löchern.
→ CME-Ankunft (Koronaler Massenauswurf), wo der Sonnenwind oft plötzlich „aufschlägt“.

Plötzliche Sprünge (> 100–200 km/s) lösen oft „geomagnetische Unruhen“ oder Stürme aus, weil das Erdmagnetfeld sich schnell an die geänderten Bedingungen anpassen muss.

Im Funkbetrieb kann man das spüren als kurzfristige Einbrüche oder unregelmäßige Signallagen, besonders auf den unteren Kurzwellenbändern (z.B. 80 m, 40 m).

Praxistipp:
→ Wenn du während eines Contest-Wochenendes feststellst, dass die Sonnenwindgeschwindigkeit plötzlich stark nach oben schnellt (etwa über 500–600 km/s), beobachte den Kp-Index. Innerhalb weniger Stunden kann sich ein ruhiges Band in ein launisches Band mit Fading und Signalausfällen verwandeln.

→ Auf VHF kann ein erhöhter Sonnenwind in Kombination mit Polarlichtern/geomagnetischen Störungen durchaus spannende Aurora-Reflexionen auf 6 m oder 2 m ermöglichen – also nicht nur auf KW gucken!

Mehr Dynamik im Sonnenzyklus als gedacht

In manchen Berichten ist ersichtlich, dass der Fluxwert von bescheidenen ~150 Einheiten binnen kürzester Zeit auf über 200 – ja teils sogar über 300 (SFI=312!) – springen kann (z.B. „Wie aus dem Winterschlaf erwacht“).
→ Dieser Sonnenzyklus (Nummer 25) scheint aktiver zu sein, als zunächst prognostiziert.

Praxistipp:
→ Lass dich nicht entmutigen von vermeintlich niedrigen Werten (SFI um 140–150). In einigen Fällen kann binnen weniger Tage ein Sprung auf 200 oder mehr stattfinden.
→ Check mindestens einmal pro Woche einen zuverlässigen Solar-Flux-Bericht, damit du solche Sprünge nicht verpasst.

Hohe Flare-Frequenz und X-Flares

Immer wieder tauchen Meldungen ĂĽber X-Flares (z.B. X9.0, X1.8, X7.1) auf. Das ist die oberste Flare-Klasse und kann heftige Auswirkungen haben:

  1. Sofortige (sekunden- bis minutenweise) Strahlung in den Röntgenbereichen, die zu einem Funk-Blackout auf der Tagseite führen kann („Dellinger-Effekt“).
  2. Teilweise folgender CME, der 1–3 Tage später einen geomagnetischen Sturm auslöst.

Neue Hinweise:
→ Auch Protonen-Ereignisse („Proton 99%“) werden manchmal erwähnt. Das erhöht das Risiko für Polar-Absorption auf Kurzwelle, weil diese geladenen Teilchen in hohen Breiten in die Atmosphäre eindringen.
→ Manchmal kommen zwei CMEs kurz nacheinander („For the weekend are two CMEs expected…“). Das kann die Ionosphäre gleich zweimal durcheinanderwirbeln.

Praxistipp:
→ Wenn du kontinuierlich DX auf der Tagseite machen willst (z.B. 10 m oder 15 m), beobachte Meldungen über aktuell laufende starke Flares (M7, X1, X9 usw.). Ein großes Flare (X-Klasse) kann Dir das Band abrupt „abschalten“. Dann heißt es: abwarten, auf ein anderes Band ausweichen oder in die Nachtseite wechseln, falls das QRM/Bandnoise gering ist.
→ Nach starken Flare-Ereignissen (und wenn der Sonnenwind wieder abklingt) können die Bänder unvermutet super sein, weil die Ionosphäre kurzzeitig sehr gut angeregt ist (hohe Ionisation). Also nie zu schnell aufgeben!

Konkrete Tipps zu Tages- und Nachtbandnutzung

z.B.: „MUF3000 nachts etwa 10 MHz“, „bei Sonnenaufgang 18 MHz“, „mittags 35 MHz“, „Sonnenuntergang 27 MHz“ usw.

Das bedeutet:

  • Wenn es mittags bis zu 35 MHz oder sogar 40 MHz geht, ist oft 10 m (28 MHz) oder 12 m stabil offen. Manchmal lohnt sich sogar 6 m (50 MHz) fĂĽr F2 oder transkontinentale QSOs.
    Nachts kann die MUF auf 7–10 MHz sinken, was bedeutet, dass du für DX am besten auf 40 m oder 30 m (7–10 MHz) oder noch tiefer gehst.
  • FĂĽr 40 m und 80 m kann es in den Nachtstunden sehr gute DX-Fenster geben, vor allem wenn die geomagnetische Aktivität nicht zu hoch ist (Kp < 3).

Praxistipp:
Nutze die Tagesabschnitte gezielt. Ein Beispiel:

  • Vormittags: 20 m und 17 m (14/18 MHz) sind in der Regel erste Bänder, die sich fĂĽr DX weiträumig öffnen.
  • Mittags: Checke 15 m, 12 m und 10 m (21/24/28 MHz) – bei hohem Flux fangen diese Bänder an, richtig weit zu tragen.
  • Spätnachmittag bis Sonnenuntergang: 10 m könnte noch offen sein.
  • Nach Sonnenuntergang: 20 m geht oft noch einige Stunden, dann kommst du in den Bereich von 40 m bzw. 80 m.
  • Späte Nacht: 80 m (oder 160 m) – sofern die D-Schicht vollständig verschwunden ist.

Die Berichte geben meist genaue UTC-Angaben fĂĽr Sonnenauf- und Untergang an (oft am Beispiel einer Referenzstation wie Dourbes/Belgien). Ăśbertrage das auf deinen eigenen Standort, wenn du in einer anderen Zeitzone bist.

Unerwartete oder „versteckte“ CMEs

z.B.: „Unerwartet: CME trifft Erde“ auf, ohne dass vorher ein großer Flare zu sehen war.
CMEs entstehen nicht nur bei X- oder M-Flares. Manchmal kann ein Filament schleichend aufbrechen, oder ein Flare geht auf der „Rückseite“ der Sonne ab, und die Ausläufer treffen doch seitlich die Erde.

Praxistipp:
→ Auch wenn kein „großer“ Flare gemeldet wird, heißt das nicht, dass man völlig safe ist. Ein CME kann seitlich an der Sonne austreten, und die Partikelwolke erwischt uns trotzdem teilweise.
→ Man sieht das oft an plötzlichen Magnetfeld- oder Sonnenwind-Sprüngen. Bleib also flexibel – wenn du merkst, dass das Band sich plötzlich verändert, schau kurz in die aktuellen Kp-Werte.

Beobachtung von wiederholten, aufeinander folgenden AusbrĂĽchen

z.B.: mehrfach „stürmische“ oder „flarereiche“ Phasen und anschließende Erholung gemeldet, nur um kurz darauf gleich wieder in einen Sturm zu rutschen.
→ Mögliche Ursache: Mehrere aktive Regionen drehen nacheinander ins Erd-Sichtfeld. Oder ein großes koronales Loch bleibt viele Tage „zentral“.
→ Plane nicht nur in 24-Stunden-Blöcken, sondern behalte den mehrtägigen Rhythmus im Auge. Wenn du weißt, dass in zwei Tagen erneut eine große aktive Region zur Erde rotiert, lohnt es sich evtl., an Tag 3 nochmal die Antennen zu checken oder QSO-Versuche zu verschieben.

Nutzung der hohen Frequenzbereiche (6 m, 4 m) bei starkem Flux

z.B.: MUF-Werte über 40 MHz („Die höchste nutzbare Frequenz lag am Mittag stabil über 40 MHz“). Das heißt, 6 m (50 MHz) kann zeitweilig über klassische F2-Schicht-Ausbreitung öffnen, was sonst eher selten ist (meist ist 6 m nur via Sporadic-E oder TEP offen). e davon profitieren.

Praxistipp:
→ Wenn in den Berichten steht, dass die MUF tagsüber über 35–40 MHz klettert, lohnt ein Blick auf 6 m! Schau auch in DX-Cluster oder WSPR-Frequenzen, ob Stationen in deiner Region QSOs ins Ausland haben.
→ Selbst wenn man keine 6-m-Yagi hat, kann manchmal eine simple vertikale Antenne oder ein Dipol genügen, um in eine tropo- oder F2-Öffnung reinzuspringen.

Kombinierte Effekte: Radio Blackouts + geomagnetische StĂĽrme

Ein großes X-Flare kann dir anfangs die D-Schicht (Tagseite) so stark ionisieren, dass du sofort keine Signale mehr durchbekommst (Radio Blackout). Ein bis zwei Tage später kann die CME ankommen und nochmals für geomagnetische Stürme sorgen. Im Klartext: Manchmal ist das Band erst komplett weg, dann kommt wieder Erholung, und dann kann es erneut gestört werden.

Praxistipp:
→ Lass dich nicht verwirren von Nachrichten wie „starker X9-Flare → Radio Blackout“ und zwei Tage später „CME arrives → G3 Storm…“ Das ist ganz normal.
→ Sieh es als Chance: In den Zwischenphasen kann die Ionosphäre regelrecht aufgeladen sein und kurzzeitig Spitzenwerte erreichen.

Auf und Ab rund ums Aktivitätsmaximum

Die Sonnenaktivität kann zwar hoch sein kann (hoher SFI, viele Sonnenflecken), aber trotzdem kann es plötzlich zu Einbrüchen kommen, wenn sich Fleckengruppen auf die Rückseite drehen oder Filamente stabil bleiben. Fazit: Die Sonne hält sich nicht immer an die Lehrbuch-Prognosen, sondern kann sprunghaft reagieren oder längere Flauten einlegen.

Praxistipp:
Gerade im Maximum solltest du immer „am Ball“ bleiben, auch wenn es ein, zwei Wochen lang nicht so spektakulär war. Die Sonne kann in Tagen von 140 auf 250 SFI springen.

Spezielle Beobachtungs- und Prognosewerkzeuge

→ SolarHam.net
→ SpaceWeatherLive.com
→ NOAA SWPC


Werte beobachten oder voraussehen, z.B.:

  • DST (Disturbance Storm Time)
    negative Werte bedeuten, dass das globale Magnetfeld in Mitleidenschaft gezogen ist (Ringstrom). Je stärker negativ, desto eher spürst du die Effekte auf den Bändern.
  • Bz, BT
    Zeigen an, wie das interplanetare Magnetfeld ausgerichtet ist (Bz = Nord-Süd-Komponente, BT = Gesamtfeldstärke). Ein negativer Bz-Wert (z.B. -3 oder -5) kann bedeuten, dass CME-Partikel leichter eindringen → höhere Sturmgefahr.
  • KP4CAST(24H) 33323332
    Hier siehst du eine (theoretische) 24-Stunden-Prognose der Kp-Werte in 3-Stunden-Slots. Ein „3“ bedeutet leichte Unruhe, „4“ bereits Sturm.

Sporadic-E-Ăśberwachung

Vor allem in den Sommermonaten lohnt es sich, das 6-m-Band (50 MHz) zu beobachten, weil sich hier oft plötzlich kurzzeitige, aber spektakuläre Bandöffnungen ergeben. Funkwetterberichte oder spezielle Foren geben Hinweise auf die Wahrscheinlichkeit solcher E-Schichten-Ereignisse.

Quellen fĂĽr Funkwetterberichte

  • NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration): Das Space Weather Prediction Center (SWPC) bietet ausfĂĽhrliche Informationen zu Sonnenflecken, SFI, K-Index und Vorhersagen.
  • Website des Solar Influences Data Analysis Center (SIDC) in Belgien: Liefert tägliche Berichte zur Sonnenfleckenzahl und Prognosen
  • ARRL (American Radio Relay League): Stellt wöchentlich eine Funkwetterprognose (z.B. von K7RA) zur VerfĂĽgung, die besonders bei US-Funkamateuren beliebt ist.
  • DX-Cluster und Online-Communities: Hier erhältst du zwar keine wissenschaftlichen Werte zum Funkwetter, aber du kannst live sehen, auf welchen Frequenzen gerade DX-Stationen gehört werden. Wenn du siehst, dass Stationen in deiner Region laute Signale von weit her melden, ist das der zuverlässigste Hinweis, JETZT aktiv zu werden.
    → dxwatch.com
    → cluster.dk
    → RBN

  • WSPRNet (Weak Signal Propagation Reporter): Mit diesem System kannst du quasi in Echtzeit beobachten, wo deine eigenen Aussendungen ankommen (und umgekehrt). Dadurch erkennt man sehr schön aktuelle Ausbreitungswege und -bedingungen.
  • fading.de: Funkwetter und Greylinevorhersage von Daniel Möller (DL3RTL).